Eine Mehrwertlandkarte für den Return on Invest von Patientenportalen
– aus der Community
Projektverantwortlichen von Krankenhäusern, Patientenportalanbietern und weitere Experten haben ihre Erfahrungen und Einschätzungen zusammengetragen und diskutiert.
Die Community hat aktuell diskutierte Mehrwerte für einen Return on Invest (ROI) von KHZG FTB2 Patientenportalen gesammelt, kategorisiert und öffentlich diskutiert.
Patientenportale: Welche Mehrwerte haben das finanzielle Potenzial, einen Return on Invest für die Finanzierung der Betriebskosten zu generieren?
Einleitung, Motivation, Fragestellung
Mit_dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) erfolgt eine breite Digitalisierung in der Krankenhauslandschaft. Alle Träger der rund 1.700 Krankenhäuser beschaffen sich Patientenportale, um spätestens Ende 2025 den Fördertatbestand 2 laut Fördermittelrichtlinie zu erfüllen.
Nicht geklärt ist die Frage der Finanzierung der Betriebskosten nach der Förderphase. Denn einmal angeschafft müssen die Systeme nicht nur gewartet, sondern auch weiterentwickelt werden. Wer hier erneut auf den Gesetzgeber hofft, hat bisher das Nachsehen – spätestens dann, wenn Außenschnittstellen zum KIS aktualisiert, neue Anforderungen der Telematikinfrastruktur erfüllt und Supportanfragen der Patienten bedient werden müssen.
Laut Förderrichtlinie sollen die Digitalen Dienste zu mehr Transparenz im Informationsaustausch und zu mehr Entlastung und Unterstützung der Patientinnen und Patienten führen – unstrittige Punkte, die unser Gesundheitswesen benötigt. Aus gesundheits- oder unternehmensökonomischer Sicht braucht es validierbare Hypothesen, auf welcher Grundlage die Betriebskosten für Wartung und Weiterentwicklung dauerhaft finanziert werden können.
Aber wie lässt sich dies beantworten, wenn es noch keine Erfahrungswerte zur Wirtschaftlichkeit von KHZG Fördertatbeständen aus dem Regelbetrieb gibt?
Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Community
Die_„Community_Patientenservices“ hat ein Verfahren gewählt, um den Blick für die wirtschaftlichen Potenziale von Patientenportalen zu öffnen. Projektverantwortlichen von Krankenhäusern, Patientenportalanbietern und weitere Experten haben ihre Erfahrungen und Einschätzungen zusammengetragen und diskutiert.
Die Teilnehmer haben die in der Fachszene aktuell diskutierten Mehrwerte für einen Return on Invest (ROI) von KHZG FTB2 Patientenportalen gesammelt und kategorisiert.
- Welche Mehrwerte haben das finanzielle Potenzial, einen Return on Invest für die Finanzierung der Betriebskosten zu generieren?
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die entsprechende Digitalisierungsrendite auch anfällt?
- Welche Entscheidungen müssen jetzt getroffen, werden, um diese Mehrwerte auf die Spur zu bringen?
Die Erkenntnisse aus dem gemeinsamen Erfahrungsschatz sowie neue, andere Fragen aus der Diskussion (Delphi-Verfahren) wurden über eine öffentliche Veranstaltungsserie Q2/2024 präsentiert.
Entstanden ist eine Mehrwertlandkarte, auf deren Grundlage sich jetzt strategische Entscheidungen auf den Weg bringen lassen, damit nach Ablauf der Förderphase die Digitalisierungsrendite auch Früchte trägt.
Eine_Online-Umfrage anlässlich der DMEA 2024 zeigte, dass ca. 50% der Befragten (n=43) vermuten, dass Motivation für die Beschaffung und Einführung von Patientenportalen überwiegend darin lag, die Fördermittel „mitzunehmen“. Der kurzfristige Blick – normal zu Beginn einer Förderphase – ist gefährlich. Das fördert „Shelfware“, die im günstigsten Falle kaum genutzt und keine großen Kosten, aber eben auch keine Einnahmen hervorruft.
Das Ergebnis des „Think talks“ von Projektverantwortlichen von Krankenhäusern und Patientenportal-Anbietern ist eine Mehrwertlandkarte mit validierbaren Hypothesen. Auf diese Basis können Betriebskosten mittel- und langfristig finanziert werden.
Die Mehrwerte lassen sich vier strategischen Clustern (regulatorische Compliance, Unternehmensstrategie, IT- und Digitalisierungsstrategie und regionale, digital gestützte Versorgung) sowie fünf operativen Clustern zuordnen (Basisdigitalisierung, Verwaltungsprozesse, Serviceprozesse, klinische Prozesse und Managementprozesse).
Die Mehrwertlandkarte ist kein Garant, sondern vielmehr als Diskussionsgrundlage zu verstehen. Damit sie greifen, müssen organisatorische Veränderungen auf den Weg gebracht werden. Je nach Cluster müssen unterschiedliche Stakeholder mit einbezogen werden damit die erforderlichen Veränderungen bewertet und umgesetzt werden. Die Summe der Veränderungen bildet die „Change-Kosten“, die dem Return on Invest gegenüberzustellen sind.
Werden diese Entscheidungen im Dialog von IT-Abteilung, Management und den betroffenen Stakeholdern gemeinsam getroffen und auf den Weg gebracht, kann die Digitalisierungsrendite auch schon vor Ablauf der Förderphase Früchte tragen.
Der Return on Invest von Patienten(service) portalen
Den Auftakt für den Community Talk bildete ein Impulsvortrag bei der DMEA 2024 im April. Am 3. Mai fanden sich 40 Teilnehmer zusammen, um gemeinsam mit Krankenhausvertretern und Anbietern von Patientenportalen die folgende Leitfrage zum Return on Invest (ROI) von Patienten(service) portalen zu diskutieren:
Welche Mehrwerte haben das finanzielle Potenzial, einen Return on Invest für die Finanzierung der Betriebskosten zu generieren?
Sowohl die strategischen als auch operativen Mehrwerte müssen zu der Ausgangslage und der Zielsetzung des jeweiligen Unternehmens passen. Während ein großes Universitätsklinikum oder private Krankenhausträger es sich leisten können, in 5-10 Jahreszyklen zu denken, haben kleine Häuser ganz andere Sorgen, wenn sie nicht wissen, ob sie nach der Krankenhausstrukturreform noch existieren.
Selbst wenn noch keine explizite Unternehmensstrategie vorliegt, lassen sich die weiteren Mehrwerte von einer „Strategieblaupause“ ableiten. In der sich verändernden Krankenhauslandschaft werden für alle Einrichtungen die Eckpfeiler eingerammt: Fachkräftemangel, demographischer Wandel, Strukturwandel, wirtschaftliche Resilienz und Nachhaltigkeit betreffen eigentlich alle.
Für die IT-Abteilung geht es vor allem um die Resilienz der Anwendungslandschaft und der Infrastruktur. Dies sind abstrakte, und für das Management wenig greifbare Mehrwerte.
IT-Sicherheit zu gewährleisten ist weniger offensichtlich, aber umso wichtiger – gerade, weil mit Portalen theoretisch neue Einfallstore geschaffen werden können. Eine Risikoschadenskalkulation muss in die Rechnung aufgenommen werden, um diesbezügliche Investitionen für das Management verständlich zu machen.
IT-Modernisierung und Datensouveränität wirken dann, wenn nicht nur Produkte eingekauft, sondern auch parallel die Unabhängigkeit des Unternehmens durch Interoperabilitätsplattformen und Kompetenzaufbau der Mitarbeiter gestärkt wird. Im „Entscheider-Narrativ“ wird dies greifbarer, wenn es konkret bei Management-Prozessen Einsatz findet, um Qualitätsberichte oder Zertifizierung zu erreichen.
Die Aufwände und Veränderungen der Basisdigitalisierung, wie das Identitätsmanagement, haben keinen eigenen Wert, sind aber Voraussetzung für das Heben der weiteren operativen Mehrwerte. Als „Quick Win“ bietet sich die Kombination mit einem Terminmanagement an, wenn es geschickt, wie im Portal der Helios Kliniken in die vorhandenen, analogen und digitalen Prozessabläufe eingegliedert wird.
Ein gewaltiges Potenzial schlummert in einer zunehmenden Prozessdigitalisierung der Verwaltungs- und Serviceprozesse. Krankenkassen wie die BARMER machen es mit ihren Online-Geschäftsstellen vor, wie durch vorgelagerte Self Services im Portal die nachgelagerten Prozessabläufe effizienter und effektiver gestaltet und die Prozessabläufe automatisiert und beschleunigt werden. Es gilt, sämtliche Kernprozesse der Wertschöpfungskette unter die Lupe zu nehmen.
Die klinischen Kernprozesse betreffen nicht nur das Aufnahme-, Behandlungs- und Entlassmanagement, sondern auch die Nachversorgung und die vorgelagerte Versorgungssteuerung an den intersektoralen Schnittstellen. Die Versorgungslandschaft in 10 Jahren wird von einer Ambulantisierung geprägt sein, die Mehrwerte können nur gemeinsam mit Vertrags- und Kooperationspartnern gehoben werden.
Patientenportale als Terminal können dazu beitragen, dass „digital vor ambulant vor stationär“ greifen kann. Neue und andere Lösungen wie Telemedizin, Apps und KI schließen Versorgungslücken und entlasten die nachgelagerten Sektoren. Patiententagebücher und Telemonitoring ermöglichen es Patienten und ihren Angehörigen als zusätzliche Ressource an ihrer eigenen Versorgung mitzuwirken.
Voraussetzungen für die Digitalisierungsrendite: Change!
All diese Mehrwerte haben einen Preis – und damit sind nicht die IT-Investitionen gemeint. Die Digitalisierung erfordert Veränderungen, die als „Change Kosten“ in die Gesamtrechnung mit aufzunehmen sind.
Am 13. Mai 2024 fanden sich die Community-Teilnehmer zum Thema „Lernen von Kassen bei der Prozessorientierung“ zusammen, um von den Erfahrungswerten bei der Einführung der Online-Geschäftsstellen zu profitieren. Zu den Podiumsgästen gehörten Marek Rydzcewsky (Barmer Ersatzkasse), Olivia Frank (Netec) und Rudy Kuhn (Celonis).
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die entsprechende Digitalisierungsrendite auch anfällt?
Eine gelebte Digitalisierungsstrategie kommunizieren, welche die Unternehmensziele unterstützt!
Für strategische Mehrwerte tritt die Rendite erst nach mehreren Jahren ein – daher ist es wichtig, dass mittel- und langfristige Ziele angestrebt und verfolgt werden. Selbst wenn gerade keine Zeit oder keine Mittel für einen umfassenden Strategieprozess vorhanden sind, wichtig ist es sich die angestrebte Positionierung in der Krankenhauslandschaft in 10 Jahren bewusst zu machen und zu kommunizieren.
Damit Digitalisierung nicht zum Selbstzweck wird, sollte eine Digitalisierungsstrategie darauf geprüft werden, ob sie auch tatsächlich die Unternehmensziele unterstützt. Das trifft auch dann zu, wenn der Standort eigentlich gerade ums Überleben kämpft – umso wichtiger ist es, dass die Digitalisierung ihren Beitrag leistet.
Damit sich die Interessensparteien im Management auch verstehen, erfordert dies eine offene Regelkommunikation im Management mit einem hohen Maß an gegenseitigem Verständnis für die Anliegen der anderen Parteien.
Prozessorientierung für operative Mehrwerte, es gilt Prozesskritik vor Prozessdigitalisierung!
Für operative Mehrwerte ist eine Prozessorientierung des Unternehmens eine Voraussetzung. Wertschöpfungskette, Prozesslandkarte der aktuellen Kern-, Unterstützungs- und Managementprozesse sind in der Wirtschaft üblich, im Gesundheitswesen noch keine Selbstverständlichkeit.
Prozessdigitalisierung ist nicht trivial. Neben der Erfassung der heutigen IST-Prozesse gilt es auch, sich die hybriden SOLL-Prozessabläufe zu überlegen, wenn Mensch und Maschine zusammenspielen – zum Beispiel beim Aufnahmemanagement, welches digital ausgefüllte Fragebögen auch nachnutzt und auch damit umgehen kann, wenn der Termin dann doch analog am Telefon gebucht werden soll. Oft führt dies zu einem neuen Selbstbild der Berufsgruppen, welches heute so noch nicht existiert: Ist der Sozialdienst für die Nachsorge im Entlassmanagement zuständig, oder braucht es doch Fallmanager?
In der Veranstaltung wurden mehrere Ansätze diskutiert, um diese Veränderungen auf den Weg zu bringen. Sie können vom Management aus über eine Stabsstelle gesteuert werden, ein „Chief Digital Officer“ fungiert als Change Agent (Marek Rydczewski bei der Barmer Ersatzkasse). Die Anwender können befähigt werden, selbst die IST- und SOLL-Prozesse über ein Prozesswiki zu erfassen und fortlaufend zu optimieren (Olivia Frank, Firma Netec). Oder man schaut gleich mit „Process mining“, welche Spuren die tatsächlichen Prozessabläufe in den Systemen hinterlassen und nimmt dies als Anlass zur Prozessoptimierung (Rudy Kuhn, Fa. Celonis). Einig waren sich alle Parteien in dem Punkt, dass keine unreflektierte Prozessdigitalisierung erfolgen soll, sondern dass die Digitalisierung Anlass gibt, die vorhandenen Prozesse erst einmal zu verstehen und zu hinterfragen („Prozesskritik vor Prozessdigitalisierung“). Dies ist ein langjähriger Veränderungsprozess, der kontinuierlich nachgesteuert werden muss – je eher damit begonnen wird, desto besser.
Governance im Zusammenspiel zwischen IT, Management und den Betroffenen – Vorhaltefinanzierung von IT-Basisinfrastruktur?
Sowohl die Veränderungen auf der strategischen als auch auf der operativen Ebene benötigen in den Entscheidungsprozessen ein angemessenes Zusammenspiel zwischen IT, Management und den Betroffenen Anwendern und Stakeholdern des Unternehmens.
Das Management benötigt eine grundlegende Digitalisierungskompetenz und Vertrauen in die Entscheidungskompetenz der IT-Abteilung in Bezug auf strategische Maßnahmen wie Interoperabilität, die auf den ersten Blick keinen sofort nachvollziehbaren Mehrwert haben. Auch die investitionsintensive IT-Sicherheitsmaßnahmen führen zu keinen für das Management und für die Betroffenen sichtbaren kurzfristigen Mehrwerten, sondern im besten Fall dazu, dass unerwünschte Ereignisse mit hohem Schadenspotential vermieden werden.
In der Diskussion wurde eine ergebnisunabhängige Finanzierung von IT-Basisinfrastruktur überlegt, die sich prozentual anteilig von den Unternehmensumsätzen herleitet – analog zu den zukünftigen Vorhaltepauschalen in der Krankenhausfinanzierung.
Von der IT-Abteilung fordert dies eine hohe Kommunikationskompetenz und -bereitschaft sowie die Fähigkeit, mit gegenläufigen Zielsetzungen umzugehen. Aus Sicht der „IT“ ist die Bestandswahrung, Stabilität und Resilienz der Anwendungs- und Systemlandschaft oberstes Ziel. Die „Digitalisierung“ möchte vorhandenes aus Nutzer- und Nutzensicht infrage stellen, ständig verändern und mit Innovationen in das Unternehmen tragen. Um diese Interessenskonflikte im Tagesgeschäft zu adressieren, werden in vielen Häusern Stabsstellen wie ein „Chief Digital Officer“, „Chief Transformation“ oder ein „Digital Board“ geschaffen.
Regionale, digital gestützte Versorgung gemeinsam mit Kooperations- und Vertragspartnern aufbauen; Prävention, Gesundheits- und Digitalkompetenz für Patienten und ihr Umfeld
Das gesundheitsökonomische Potenzial der Digitalisierung wird oft beschworen und in der Digitalgesetzgebung als „Return on Invest“ des Krankenhauszukunftsgesetzes argumentiert. Das beißt sich aber damit, dass die Digitalisierung lediglich das stationäre Silo betrifft.
Vorgelagerte Versorgungssteuerung im Verbund und nachgelagerte Entlastung durch besseres Entlassmanagement –diese Mehrwerte können nicht gehoben werden, wenn der stationäre Sektor allein agiert. Im Zuge der Ambulantisierung der Medizin werden Kooperations- und Vertragspartner benötigt, die eine effiziente und effektive Versorgung im Versorgungsverbund ermöglichen und sicherstellen. Hierfür müssen frühzeitig Partnerschaften und Netzwerke entstehen, die in gemeinsamen „Versorgungsjourneys“ denken.
Patientenmitwirkung bei Patiententagebüchern macht nur dann einen Sinn, wenn dies auch tatsächlich zu einer Entlastung und nicht zu Mehrarbeit bei dem ohnehin überlasteten Personal führt. Prävention, Gesundheits- und Digitalkompetenz müssen parallel greifen, damit auch diese Mehrwerte gehoben werden können.
Eine Feedback-Schleife der „Patient Related Outcome Measures“ (PROM’s) oder ein digital gestütztes „Critical Incident Report System“ (CIRS) sind medizinisch und gesundheitsökonomisch absolut wünschenswert. Die aktuellen Vergütungsstrukturen sind aber nicht auf Versorgungs-, sondern auf Behandlungsqualität ausgerichtet. Es braucht daher geeignete Vergütungsstrukturen, die eine digital gestützten Gesundheitsversorgung ermöglichen – was tun?
Dialogprozess starten – die „eigentlich spannenden Fragen“
Aus den vorherigen Veranstaltungen haben sich neue Fragen ergeben. Immer dann, wenn einer der Teilnehmer sagte „die eigentlich spannenden Fragen ist doch …“, dann war das ein typisches Ergebnis des Delphi-Verfahrens. Meistens handelte es sich um Entscheidungen, die auf Unternehmensebene oder auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zu treffen sind.
Welche Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden, um diese Mehrwerte auf die Spur zu bringen?
Die Digitalisierungsstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit, Telematikinfrastruktur und Vergütungssysteme berühren gesellschaftliche Aspekte, die im teilregulierten Gesundheitswesen nicht von den Akteuren allein entschieden werden können. Am 10. Juni 2024 fanden sich die Community-Teilnehmer zur Abschlussdiskussion zusammen, zum Thema Zusammenspiel mit TI und politischer Abschluss mit Matthias Mieves, MdB (SPD).
Regelmäßiges Monitoring der Digitalisierungsrendite im Unternehmen
Es betrifft einer Entscheidung auf Unternehmensebene, die strategischen Mehrwerte in einen Strategieprozess einzubetten oder einen solchen zu initiieren. Für die operativen Mehrwerte sind Prozessorientierung eine notwendige Grundlage. Die Unternehmensstrukturen auf eine Digitale Transformation anzupassen, setzt den Startpunkt für die Modernisierung des Unternehmens.
Die erarbeiten Mehrwerte sind erst einmal nur validierbare Hypothesen, auf welcher Grundlage die Betriebskosten für Wartung und Weiterentwicklung dauerhaft finanziert werden können. Diese müssen im Management mit den verschiedenen Betroffenen diskutiert und Nutzen und Voraussetzungen abgewägt werden.
Ob die Digitalisierungsrendite eintrifft, sollte regelmäßig geprüft werden (Nullpunktmessung mit jährlicher Wiederholung), um nachsteuern zu können. Eine Reifegradmessung der digitalen Transformation schafft hier Abhilfe. Es bietet sich an bei den Messungen des Digitalradars anzudocken und zusätzliche Reifegradkriterien abzufragen. So lässt sich prüfen, ob die Digitalisierung auch rechtzeitig zum Ablauf der Förderphase Früchte trägt.
Zusammenspiel mit den Anwendungen und Diensten der Telematikinfrastruktur mit realistischen Zeiterwartungshorizont
Wenn über 1000 Patientenportale entstehen, ist kaum vorstellbar, dass langfristig jedes Portal über eigene Benutzerkennungen verfügt, mit denen sich die Patienten anmelden müssen. Die digitalen Identitäten der Telematikinfrastruktur nachzunutzen liegt hier nahe.
Laut Förderrichtlinie sind die Anwendungen und Dienste der Telematikinfrastuktur nachzunutzen, sobald diese verfügbar sind. Eine Vielzahl von Diensten (Verzeichnisdienste, Authenticator) könnten über vereinfachte Zulassungsverfahren (z.B. WANDA) hier Abhilfe schaffen und Kommunikationsverfahren wie „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) oder der „TI-Messenger“ (TIM) bis hin zum eRezept und der elektronischen Patientenakte „für alle“ (ePA) eine sinnvolle Ergänzung schaffen. In der Community wurden sämtliche Anwendungen und Dienste geprüft und nach Nutzbarkeit für KHZG FTB2 Patientenportale bewertet.
Dies bietet eine große Chance, Kosten für Mehrwerte wie Basisdigitalisierung oder regionale Versorgung zu senken. Gleichzeitig beinhalten die „Kinderkrankheiten“ der gematik auch ein großes Risiko Mehrwerte zu verhindern, wenn unausgereifte Lösungen den Markt erreichen. Daher bietet es sich an, bei großen Unternehmen wie der BARMER Ersatzkasse anzudocken, die digitalen Identitäten im Massenverfahren bereits erprobt haben.
Die gematik selbst ist im Wandel zur Digitalagentur, dies hat auch einen Einfluss auf ihre Dialogbereitschaft. Im Verlauf der Community waren keine Vertreter der gematik verfügbar, um sich der Thematik der Patientenportale anzunehmen. Sobald eine beidseitige Kommunikation mit einem realistischen und ehrlichen Erwartungshorizont zur Verfügbarkeit und Nutzbarkeit der Anwendungen und Dienste möglich ist, sollten dies genutzt werden. Auch hier gilt, dass Digitalisierung kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck ist. Auf gesellschaftlicher Ebene wäre es mal interessant, den tatsächlichen „Return on Invest“ der Telematikinfrastruktur seit ihrer Einführung messbar zu machen.
Gesundheitsökonomische Digitalisierungsstrategie des BMG
Das Gesundheitswesen unterliegt einem ständigen Wandel. Zum Zeitpunkt der Community Gespräche waren viele Gesetzesinitiativen in Vorbereitung. Krankenhausreform (KHVVG), Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), Digitalagenturgesetz (DGAG) und Digitalgesetz (DigiG) können direkt oder indirekt eine Auswirkung auf Mehrwerte, Veränderungskosten und Digitalisierungsrendite haben.
In der Community wurde ein „Big Picture“ für das Zusammenspiel von KHZG FTB2 Patientenportalen im Zusammenspiel mit den Anwendungen und Diensten der Telematikinfrastruktur 1.0 und 2.0 vorgestellt. In diesem Big Picture betten sich Patientenportale in die Akteure der Versorgungslandschaft ein, zu denen auch die durch die Portale zu befähigenden Patienten und ihr Umfeld gehören.
Knackpunkt ist, dass die Digitalisierungsstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) von hybriden Versorgungspfaden ausgeht, für die die aktuellen Vergütungsstrukturen keine finanzielle Incentivierung beinhalten. Wie kann „digital vor ambulant vor stationär“ die Versorger entlasten, wenn dies in den Vergütungsstrukturen der Selbstverwaltung nicht vorgesehen ist?
Eine Vergütungsreform, welche im Zuge von Fallpauschalen, hybrid-DRG’s auch die digitale Gesundheitsversorgung berücksichtigt, könnte Abhilfe schaffen. In der Diskussion mit Matthias Mieves, MdB (SPD) wurden Capitation Modelle wie es sie im Ausland gibt, angefragt. Als erster Schritt der Gesetzgebung wurde hier auf die „Hausärztepauschale“ verwiesen.
Entweder die Digitalisierungsstrategie passt sich an die vorhandenen Strukturen der Selbstverwaltung an, oder die Vergütungsstrukturen passen sich der Digitalisierungsstrategie an. Solange dieser logische Bruch nicht aufgelöst ist, wird in Deutschland noch nicht das volle Potenzial der Digitalisierungsrendite gehoben.
Zusammenfassung der Mehrwertlandkarte für Patientenportale
Die aus dem Community Dialog entstandenen Patientenportal Mehrwertlandkarte und Erkenntnisse können in strategische und operative Mehrwerte aufgeteilt werden, auf deren Grundlage sich jetzt strategische Entscheidungen auf den Weg bringen lassen, damit nach Ablauf der Förderphase die Digitalisierungsrendite auch Früchte trägt.
Die diskutierte strategische Perspektive beinhaltet:
- Regulatorische Compliance
- Unternehmensstrategie
- IT- und Digitalisierungsstrategie
- Regionale, digital gestützte Versorgung.
Die erarbeiteten operativen Patientenportal Mehrwerte, die die Krankenhaus Kern- und Unterstützungsprozesse unterstützen, beinhalten:
- Basisdigitalisierung,
- Verwaltungsprozesse
- Serviceprozesse
- klinische Prozesse
- Managementprozesse
Teil I: Strategische Mehrwerte Patientenportale (Top-down)
Anschaffung und Betrieb von Patientenportalen können von strategischer Perspektive betrachtet werden. Damit werden mittel- oder längerfristige Ziele von mehreren Jahren angestrebt, die Teil einer Unternehmensstrategie sind.
Regulatorische Compliance
Unternehmensstrategie
IT- & Digitalisierungsstrategie
Regionale & digital gestützte Versorgung
1. Regulatorische Compliance
Die Mehrwerte dieser Kategorie dienen der Erfüllung von gesetzlichen Auflagen. Sie beinhalten explizite Anforderungen aus bestehender Gesetzgebung, implizite Anforderungen einer politischen Zielrichtung und regulatorische Trends von laufender oder zukünftig erwarteter Regulierung.
Die Voraussetzungen sind unterschiedlich je nach Art des Trägers; beispielhaft musste für die BG-Kliniken eine Sonderregelung in der Anwendung des KHZG geschaffen werden.
- KHZG-Fördermitteln mitnehmen: Da es sich bei Patientenportalen (FTB2) um einen Pflichttatbestand handelt, werden die Fördermittel „mitgenommen“.
- Patienten ermächtigen: Dies ist die hinter der Gesetzgebung stehende Zielsetzung, dass die Betroffenen aktiv an ihrem Behandlungsprozess mitwirken können. Es handelt sich nicht nur um eine politische Zielsetzung, sondern auch um eine gesundheitsökonomische Maßnahme vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel und demographischem Wandel, wenn die PatientInnen und ihre Angehörigen das Personal entlasten können.
- Enabler für die Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung: Bei der Umstrukturierung von stationären Standorten und der stärkeren Einbindung des ambulanten Sektors können Portale eine Rolle bei der sektorenübergreifenden Vernetzung spielen. Nach dem ambulanten Sektor (Telematikinfrastruktur) erfolgt eine einheitliche Digitalisierung des stationären Sektors.
- Erhöhung der IT-Sicherheit: Auf den ersten Blick schaffen Patientenportale neue Sicherheitslücken, gleichzeitig kann die Anschaffung auch Anlass für eine Erhöhung der IT-Sicherheit geben. Dies gilt insbesondere für Standorte, die Teil der kritischen Infrastruktur sind.
2. Unternehmensstrategie
Die Mehrwerte dieser Kategorie dienen dazu, Ziele einer Unternehmensstrategie zu erreichen, die vorrangig die Einrichtung betreffen und damit nicht abhängig von externen Partnern sind.
Voraussetzungen dafür sind, dass Anschaffung und Betrieb von Patientenportalen vom Management als Teil einer Unternehmensstrategie mitgedacht werden. Dies ist oft dann der Fall, wenn die Unternehmensführung digital affin ist oder es bereits explizite Rollen wie z.B. einen Chief Digital Officer gibt. Das reine „Mitnehmen“ von KHZG Fördergeldern durch eine IT-Abteilung ist hierfür ein Gegenbeispiel.
- Kompensation des Fachkräftemangels: Personalressourcen werden eingespart, wenn administrative Teilaufgaben durch sogenannte „Self Services“ die Mitarbeitenden entlasten. Im weiteren Sinne können moderne Portale auch zur Mitarbeiterbindung beitragen, wenn sie eine moderne, ressourcensparende Arbeitswelt vorfinden.
- Enabler für Restrukturierung: Portalgestützte Prozesse können Restrukturierung und Zentralisierung von Aufnahmeeinrichtungen erleichtern, vorgelagerte Erfassungsmöglichkeiten ermöglichen es, effizienter mit den räumlichen Ressourcen umzugehen (Virtualisierungseffekte)
- Marketing-Effekte: Größere, vor allem private Träger versprechen sich durch eine moderne Online-Präsenz einen Wettbewerbsvorteil in der Außenwahrnehmung. Wirksam wird das dann, wenn die Betroffenen erlebbare Vorteile durch ihre Mitwirkung erzielen (im Sinne eines Customer Relation Portals).
- Nachhaltigkeit: Die Reduktion von Umwelt- bzw. Energieverbrauch durch Prozesstransparenz wird zunehmend zu einem Thema, welches bei Entscheidungen von Krankenhausträgern zu berücksichtigen ist.
3. IT- und Digitalisierungsstrategie
Diese Kategorie beschreibt Mehrwerte, die primär in den Verantwortungsbereich einer IT-Abteilung fallen.
Voraussetzung für das Erreichen dieser Mehrwerte ist, dass eine ausreichende Personal- und Ressourcenausstattung für die IT-Abteilung vorliegt. Insbesondere bei den Themen Prozessdigitalisierung und Digitale Transformation lassen sich die Mehrwerte nur dann erreichen, wenn Digitalisierung auf der Management-Ebene Teil einer ganzheitlichen Unternehmensstrategie geworden ist.
- IT-Modernisierung: Die parallele Einführung von IT-Anwendungen ist ein Anlass, auch die vorhandene IT-Landschaft zu modernisieren.
- Datensouveränität: Durch Interoperabilitätsplattformen werden die Datenströme aus den Primärssytemen auch für andere Anwendungen verfügbar gemacht und das Unternehmen unabhängiger von den Primärssytemherstellern. Dies bildet die Grundlage für weitere Anwendungsfälle wie z.B. Terminmanagement, Aufnahme- und Entlassmanagement oder die Forschung.
- Prozessdigitalisierung: Massenprozesse oder Prozesse mit Medienbrüchen binden Personalressourcen. Die Prozessdigitalisierung setzt diese Ressourcen frei und bildet das Fundament für datengetriebene Automatisierungen. Dabei sollte vor einer Automatisierung die Prozesskritik mit Prozessverschlankung erfolgen. Durch Einsatz von „Process Mining“ ergib sich Prozess-Transparenz zur weiteren Steigerung von Effizienz / Effektivität im Unternehmen, aber auch Transparenz zum Kundenverhalten für eine Verbesserung der Betriebsabläufe.
- Digitale Transformation: Patientenportale können Anlass sein, eine Strategie zur Modernisierung und Befähigung des gesamten Unternehmens in Bezug auf die Digitalisierung auf- oder umzusetzen. Dabei müssen IT, Digitalisierung und Digitale Gesundheitsversorgung im Kontext der Unternehmensstrategie ergänzt werden.
4. Regionale, digital gestützte Versorgung
Die Mehrwerte dieser Kategorie dienen dazu, die kommunale oder regionale Gesundheitsversorgung gemeinsam mit externen Vertrags- und Kooperationspartnern aufrechtzuerhalten und zu optimieren – über die Unternehmensgrenzen hinweg bis hin zu einer Gesundheitsregion.
Voraussetzungen dafür sind, dass geeignete Vertrags- und Kooperationspartner aus dem nicht-stationären Sektor (z.B. ambulanter Sektor, Reha, Pflege) vorliegen und dass ein hinreichendes gemeinsames Interesse an einer regionalen, digital gestützten Versorgungsstrategie besteht.
- Anschluss an Versorgungsnetze: Über Patientenportale können sich Einrichtungen an existierende Versorgungsnetze anschließen und sich nahtlos bzw. reibungsarm in Versorgungspfade einbetten.
- Versorgung koordinieren und steuern: Über Patientenportale ergeben sich neue Gestaltungsmöglichkeiten, die Versorgungspfade gemeinsam mit anderen Akteuren zu steuern.
- Virtualisierung der Versorgung: Die orts- und zeitunabhängige Versorgung erlaubt es, sektorenunabhängig die für den Bedarf jeweils optimalen Leistungsbausteine einzusetzen.
Teil II: Operative Mehrwerte Patientenportale (Bottom-up)
Operative Mehrwerte leisten einen Beitrag zu den Kern- und Unterstützungsprozessen der Prozesslandkarte, indem sie die Effizienz und Effektivität dieser Prozessabläufe steigern. Ihr Mehrwert lässt sich durch die direkte oder indirekte Wirkung auf die Wertschöpfungskette des Unternehmens beziffern.
Basisdigitalisierung
Verwaltungsprozesse
Serviceprozesse
klinische Prozesse
Managementprozesse
5. Basisdigitalisierung
Digitalisierung ist ein Unterstützungsprozess, der die Effizienz und Effektivität der Prozessabläufe der Kernprozesse steigern soll. Um dies zu erreichen müssen alle Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Prozesse sowohl analog als auch digital ablaufen können.
Bei dem Terminmanagement handelt es sich um einen separaten Unterstützungsprozess, der aber oft in Kombination mit der Basisdigitalisierung eingesetzt wird.
- Registrierung, Identifikation, Fallabgleich: Wenn die Patienten (und ihre Angehörigen) schon vor dem Aufenthalt eindeutig identifiziert werden, kann der Fall schon soweit im System angelegt werden, dass bei Eintreffen die Informationen aus früheren Vorgängen einsehbar sind. Zusätzlich werden aufwändige Korrekturvorgänge bei der Abrechnung vermieden (Fallartwechsel, Fallmerge).
- Optimierung der Terminbuchung: Je mehr analoge Terminbuchungsprozesse digitalisiert werden, desto weniger wertvolle Zeit des Personals wird für das Telefonieren benötigt. Dies kann auch schrittweise eingeführt werden, wenn die terminvergebenden Bereiche nach und nach ihre Terminressourcen für eine Online-Terminvergabe freischalten.
- Kombination Onboarding und Terminmanagement: Reine Registrierungsvorgänge werden oft als lästig empfunden, und ohne digitale Identität muss diese beim Onboarding Prozess manuell bei der Aufnahme ergänzt werden. Der Termin ist das eine Element, welches die Patienten zur Mitwirkung incentiviert und einen beschreibbaren Mehrwert für Mitarbeiter hat. Daher können in Patientenportalen beide Unterstützungsprozesse geschickt kombiniert werden.
- Zentralisierte Terminvergabe: Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten, die Terminvergabe zu zentralisieren und zum Beispiel die Erreichbarkeit für Patienten zu erweitern oder das Personal der zugehörigen Einrichtung zu entlasten.
- Einwilligungsmanagement und Signaturdienste: Um Prozessabläufe vollständig zu automatisieren, müssen rechtsgültige Möglichkeiten geschaffen werden, Einwilligungen zu geben und zu widerrufen und digitale Dokumente zu unterschreiben. Die Mehrwerte treten erst in Kombination mit den entsprechenden Verwaltungsvorgängen ein.
- Digitalisierungspotenziale heben: Die Nutzbarmachung der Datenströme, die bei den Prozessabläufen entstehen, schafft einen eigenen Mehrwert. Beispiel sind Nachweise im Rahmen von Qualitätsmanagement, Zertifizierungen usw. Der Mehrwert liegt in der Wiederverwendbarkeit von bereits einmal erhobenen Daten bei der Wertschöpfung der entsprechenden Prozesse. Dies ist aufgrund der Zweckbindung der Datenerhebung allerdings eng an die regulatorischen Vorgaben von Datenschutz und Informationssicherheit gekoppelt.
6. Verwaltungsprozesse
Zu den Verwaltungsprozessen gehören sämtliche Vorgänge, die für Dokumentation und Abrechnung von Leistungen mit den Kostenträgern erforderlich sind. Damit sind sie eng gekoppelt an die regulatorischen Vorgaben.
Knackpunkt bei der Digitalisierung dieser Prozesse ist oft, dass die regulatorischen Vorgaben nicht auf digitale Prozesse ausgerichtet sind. Die Digitalisierungsrendite hängt damit teilweise von einer digitalen Transformation der regulatorischen Vorgaben ab.
- Vorbereitete Patienten: Informationen und Checklisten zu administrativen Prozessabläufen im Portal vermeiden unnötige Rückfragen im Patientenkontakt, wenn alle erforderlichen Unterlagen wie unterschriebene Einverständniserklärungen und Verträge bei Aufnahme vorliegen.
- Schlanke, und medienbruchfreie Aufnahmeprozesse: Je mehr Vorgänge vermieden werden, bei denen Papier ausgedruckt und für das Archiv eingescannt wird, desto kürzer läuft die Aufnahmezeit.
- Zentralisierung der Patientenaufnahme: Ein digital gestütztes Backend für die Aufnahmesteuerung entlastet das Personal vor Ort und schont räumliche Ressourcen.
- Vorgelagerte Self Services: Je mehr strukturierte Daten bereits vor den administrativen Vorgängen im Patientenportal erfasst werden, desto schlanker gestalten sich die Vorgänge in Anwesenheit von Patienten und Mitarbeitern. Damit der Return on Invest eintritt, müssen die im Vorfeld erfassten Informationen auch durch das Personal verwendet und nicht neu erhoben werden. Dies erfordert technisch eine Kopplung an das Primärsystem (KIS-Terminal) und organisatorisch eine Anpassung der Arbeitsabläufe (hybride Prozessabläufe)
- Automatisierung von Verwaltungsprozessen: Die Automatisierung von Routineprozessen sind der logische Folgeschritt nach dem Einsatz von Self Services, um die Patientenadministration zu entlasten.
- Auslastungs- und Ressourcensteuerung: Ein durchgetakteter OP, eine ausgelastetes MRT sind Beispiele für eine Maximierung der Auslastung bei besonders teuren Ressourcen. Eine geringe „No-Show-Rate“ bei Planterminen sorgt für gleichmäßig ausgelastete Ressourcen.
- Kontinuierliche Patientenflüsse: Durch vorgelagerte Quality Gates wie Checklisten vor Aufnahmen (z.B. MRSA), tägliches Transparenz über alle geplanten Vorgänge während der Behandlung oder eine zügige Nachversorgung lassen sich gleichmäßige Patientenflüsse sicherstellen.
7. Serviceprozesse
Serviceprozesse tragen zur Wertschöpfung bei, sind aber nicht zwingend erforderlich für den Ablauf der Kernprozesse. Das digitale Kunden- und Servicemanagement sorgt für Servicequalität.
Gelungene Digitalisierung hat das Potenzial, die Servicequalität zu steigern und dadurch zu reibungsärmeren Prozessabläufen beizutragen. Nicht gelungene Digitalisierung hat allerdings ein noch viel größeren, negativen Effekt auf die von Kunden wahrgenommene Servicequalität.
- Wahlleistungen bewerben: Über das Portal können Patienten zuzahlungspflichtige Leistungen buchen und bezahlen
- Logistikplanung: Digital gebuchte Service wie Küche, Frisörtermine oder Beratungsangebote
8. Klinische Prozesse
Diese Kategorie betrifft Kernprozesse, die eine medizinische Entscheidung beinhalten, die Auswirkung auf den klinischen Verlauf des Patienten haben kann. Dies unterscheidet sie von den Verwaltungsprozessen.
Die Digitalisierung dieser Prozesse hat ein besonders hohes gesundheitsökonomisches Potenzial, gleichzeitig besonders hohe regulatorische Anforderungen für eine Umsetzung.
- Vorgelagerte Versorgungssteuerung: Durch regionale Versorgungssteuerung erfolgt eine Auslastungsverteilung auf weniger genutzte Einrichtungen / Standorte im Verbund oder Netzwerk. Dies kann bei geplanten Aufenthalten, aber auch bei einer vorgelagerten, digitale gestützte Triagierung (z.B. Rettungswagen) erfolgen, um überlastete Aufnahmen von Fehlzuweisungen zu entlasten. Werden die Betroffenen einbezogen, kann auch eine vorgezogene Behandlungsplanung unter Mitwirkung der Patienten und ihres Umfelds erfolgen
- Aufnahmemanagement: Vorbereitete Unterlagen zur klinischen Anamnese, reduzierte Sekundär-Digitalisierung bis hin zur vollständig. digitalen, strukturierten Anamnese haben zum Ziel, dass Informationen nicht doppelt erfasst werden und wiederverwendet werden können. In diese Kategorie gehören auch die digital gestützte Aufklärung und digitale Datenbereitstellung fürs Archiv.
- Behandlungsmanagement: Informierte / befähigte Patienten entlasten die Behandler auf Station, wenn weniger Gesprächszeit für die Informationsübermittlung und mehr für die Abwägung von Entscheidungen verfügbar ist. Insbesondere hilft es, das Umfeld der Angehörigen als unterstützende Ressourcen einzubinden. Zusätzlich können Patienten durch Patientenmonitoring über Behandlungstagebücher und Geräte an ihrer Behandlung mitwirken. Dies ist auch eine Grundlage, damit Fallmanagement und Gesundheitsprävention schon während der Behandlung stattfindet.
- Entlassmanagement: Durch eine optimierte Nachversorgung werden Versorgungsressourcen zügig entlastet und könnten für die nächsten Patienten genutzt werden.
- Nachversorgung: Im Sinne einer nahtlosen Verzahnung sind dies die Anknüpfungspunkte für die Behandlung nach dem Aufenthalt. Die Transparenz der klinischen Dokumentation in der elektronischen Patientenakte nutzt den Nachversorgung und dem Patienten selbst.
9. Managementprozesse
Managementprozesse haben keine eigene Wertschöpfung, erlauben aber eine bessere Steuerung der Wertschöpfung der Kernprozesse.
- Prozesstransparenz: Die zunehmende Prozessdigitalisierung führt zu einer besseren Transparenz über die tatsächlichen Prozessabläufe. Dies ist eine wichtige Grundlage für Prozessoptimierungen
- Qualitätsberichte / Zertifikate: Aus digitalisierten Prozessen kann die Berichtsgrundlage für das Qualitätsmanagement oder für Zertifizierung als Zentrum erzeugt werden
- Feedback-Schleifen: Über Fragebögen kann die Effektivität der Behandlung beim Patienten gemessen werden: „Patient Related Outcome Measures“ (PROM). Die Meldung von kritischen Ereignissen nach Entlassung – „Critical Incident Report System“ (CIRS) – bildet eine zusätzliche Datenquelle als Feedbackschleife für Prozessverbesserungen
Ausblick – es geht weiter! Next: Digital gestützte Gesundheitsversorgung
Der_Dialog_der Community Talks geht weiter – wenn es um die digital gestützte Versorgung in den Regionen geht. Nach dem Kommentierungsfrühstück 1.0 zur Telemedizin, dem Return on Invest (ROI) von Patienten(service)portalen nun die Fortsetzung der Serie.
Auf regionaler und kommunaler Ebene entstehen Versorgungslücken durch den Wegfall von aktuell 1700 Krankenhäusern auf eine Zielmarke von ca. 1200-1300 Häusern. Auch die Primärversorgung und Pflege der alternden Bevölkerung gerät zunehmend in Bedrängnis.
Neue und andere Lösungsansätze sind gefragt, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten! Diese Lösungen entstehen gerade direkt vor unseren Augen. Im ländlichen Raum und in entlegenen Regionen ist die Not am größten – hier zwingt die real existierende Unterversorgung die Akteure und die Politik bereits heute zum gemeinsamen Handeln.
Eine Zielgruppen- und themenorientierte Community-Plattform dient der Vernetzung und der Befähigung der Vorhaben, um nachhaltige Lösungen für die digital gestützte Versorgung zu schaffen. Die Ziele im Einzelnen sind:
- Erfahrungsaustausch zu best practices in der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung vor dem Hintergrund der anstehenden Herausforderungen wie Fachkräftemangel und demographischer Wandel
- Erarbeiten von neuen und anderen Lösungen zur niederschwelligen digitalen Unterstützung der Gesundheitsversorgung
- Beschleunigung des Innovationstransfers durch Vermittlung von Experten
- Schaffung eines nachhaltigen Übergangs der Lösungsansätze in die aktuellen und zukünftigen Strukturen der Gesundheitsversorgung und Herstellung einer Anschlussfähigkeit an die ressortübergreifende Gesetzgebung
Über die Online-Community und den Autor
Die Community „Patientenservices“ setzt Verantwortliche IT-Umsetzer von großen Krankenhausträgern, innovative Portalanbieter und regulatorische Experten an einen „runden Tisch“, um praktikable Lösungen für die Umsetzung zu schaffen.
Autor Dr. med. Thies Eggers, Arzt und Community Manager ist überzeugt, dass positive Kosteneffekte als Digitalisierungsrendite grundsätzlich vorhanden sind, aber oft mit mehrjähriger Latenz auftreten. Damit auf dem Weg dahin nicht die „Luft“ ausgeht, müssen alle betroffenen Parteien an einem Strang ziehen.
Kontakt über thies.c.eggers(ad) gmail.com
Kontakt über vedran.boskic(ad)planfox.io
Referenzen careMe.hub Patientenportale (Auszug):
Diese Fachkliniken, Krankenhäuser, Universitätskliniken, Spitäler, Bezirkskrankenhäuser und Krankenhausverbünde setzen bereits auf schlaue PLANFOX Patientenportale
Digitale Patienten-Aufnahme, Behandlungsbegleitung, Entlassmanagement und Überführungsplattform für Krankenhäuser
Flexibilität ist gleichbedeutend mit Zukunftssicherheit. Genau deshalb haben sich in allen Branchen „flexible Plattformen“ mit dazugehörigem „digitalem Ecosystem“ durchgesetzt.
Setzen Sie daher auch beim Thema Patientenportal auf eine moderne und sichere Plattform. So können Sie Schritt für Schritt digitalisieren – und auch bestehende Systeme und Sonderlösungen einbinden.
Ihre Vorteile:
- Größte Auswahl an Funktionsmodulen (Best of Breed)
- Software in Ihrem Krankenhaus Corporate Design
- Zukunftsfähige Interoperable Plattform, KIS Anbindung